Gefahren durch hoch anstehendes Grundwasser im dicht bebauten Stadtgebiet
Vorwort
Grundwasser, das in unsere Gebäude über die Fundamente in die Keller und die Bausubstanzen eindringt, kann sowohl zur Gefahr
- für das Leben und die Gesundheit der Bewohner der Gebäude als auch
- für die Gebäude selbst (eingeschränkte Standsicherheit) bis hin zu ihrer Zerstörung werden.
Ein Gebäude, das mit seinen Fundamenten im Wasser (Grundwasser) steht, wird bei einer Durchfeuchtung auf Dauer unbewohnbar; es kann keine gesunden Wohn- und Lebensverhältnisse leisten. Es ist ein
schleichender Prozess, der im dicht bebauten Stadtgebiet von Berlin tausende Gebäude und ihre Bewohner betrifft.
Siehe auch Rubrik „Nachträgliche Sanierung eines Einfamilienhauses.“
Wir zeigen nachstehend die gesundheitlichen Gefahren und die Gefahren für die bauliche Nutzung bei hoch anstehenden, siedlungsunverträglichen Grundwasserständen.
Gesundheitliche Gefahren
Es ist anzunehmen, dass die Bewohner von Gebäuden, deren Bausubstanzen über Jahre hinweg ungeschützt durch hoch anstehendes Grundwasser durchnässt wurden, gesundheitliche Schäden erleiden.
Dazu gehören rheumatische Erkrankungen, Erkrankungen der Gelenke und der Atemwege (Asthma) und der Lunge.
An den durchfeuchteten Wänden können sich Pilze, Sporen und Schimmel bilden. Sie sind besonders für Kleinkinder gefährlich, können jedoch auch bei Erwachsenen die Ursache von Krebserkrankungen
(Schwarzer Schimmel) sein.
Bei einer "Beprobung" der Schimmelbildung in mehreren Kellern von Gebäuden (EFH) im Buckower / Rudower Blumenviertel und in seinen angrenzenden Gebieten (BRB) durch den Ärztlichen Leiter des
Bereiches Hygiene und Umweltmedizin des Bezirksamtes Neukölln von Berlin ergaben sich am 09.11.2011 folgende Messergebnisse:
"Die im Gästezimmer genommene Probe weist Pilzwachstum nach, das in seiner Kombination typisch für einen seit längerer Zeit bestehenden Feuchtigkeitsschaden ist. In der Folge kommt es zu der
Situation, dass auch gute Vermehrungsbedingungen für Bakterien herrschen, hiervon fühlen sich auch Insekten angezogen. Dieser Befund ist neben seiner gesundheitlichen Bedeutung für die
Hausbewohner schlicht ekelerregend."
"Im Wirtschaftsraum sind viele Pilzgattungen nachweisbar, die bei Feuchtigkeit ideal wachsen und teils auch gesundheitsschädigend sein können, weil sie bei Patienten mit Atemwegserkrankungwn wie
Asthma bronchiale oder Allergien den Befund entweder verschlechtern oder zur Verschlimmerung beitragen können. Der parallel festgestellte Bakterienbewuchs ist ein indirekter Hinweis für
einen lang anhaltenden Feuchtigkeitsschaden."
"Zusammenfassende Bewertung:
Pilze gehören zur normalen Umwelt, die meisten Arten sind für Menschen harmlos. Bei den in den Proben gefundenen Pilzen handelt es sich allerdings um sicher gesundheitsgefährdende Arten. Am
Ort der Probennahme herrschen Umgebungsbedingungen, wie sie für Wohngebäude inakzeptabel sind. Durch die extreme, z.T. mit bloßem Auge sichtbare Feuchtigkeit, findet sich auch ein für die normale
Wohnumgebung untypisches Spektrum an Pilzen. Für die Bewohner des Hauses kann sich deshalb aus ärztlicher Sicht eine erhöhte Gefährdung ergeben. Eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation
ist nur bei einer Sanierung des Wohngebäudes vorstellbar und setzt vor allen anderen Maßnahmen eine Beseitigung der Ursache des Wassereinbruchs voraus."
Die Zersetzung / Zerstörung der Bausubstanzen der Gebäude kann soweit gehen, dass die Gebäude einstürzen. Hier ist dann Lebensgefahr für alle diejenigen gegeben, die in irgendeiner Weise mit
den Gebäuden in Berührung kommen - Dritte und Bewohner.
> Fotografien zur Schimmelbildung in einem Gebäude im BRB
Gefahren für die bauliche Nutzung - Gefährdung der geprüften und bescheinigten Standsicherheit
Die Standsicherheit der Gebäude wird im Rahmen des bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens anhand der vorgelegten Standsicherheitsnachweise geprüft und bescheinigt.
Mit der Baugenehmigung bescheinigt die Bauaufsichtsbehörde nach Paragraf 62 BauO Bln (1997) dem Bauherrn, dass sein Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht, wozu
selbstverständlich auch die Anforderungen an die Standsicherheit nach Paragraf 13 BauO Bln (1997) zählen.
Obwohl dem Bauaufsichtsamt Neukölln von Berlin nachweislich die komplexe Grundwassersituation im Buckower / Rudow Blumenviertel und seinen angrenzenden Gebieten (BRB) - Abhängigkeit der
Grundwasserstände im BRB von der Grundwasserförderleistung des nahen Wasserwerkes Johannisthal - bestens bekannt sein musste, genehmigte die Behörde zwischen den Jahren 1959 und 1989 dort ca.
4.000 Neubauvorhaben, bei denen die überwiegende Anzahl nicht gegen drückendes Wasser statisch geschützt war.
Auch ein Gebäude, das mittels "Weißer Wanne" gegen hoch anstehendes Grundwasser geschützt sein soll, kann gefährdet sein, wenn die "Wanne" statisch nicht für hohe Grundwasserstände berechnet und
ausgeführt wurde - Aufschwimmen und Zerbrechen des Baukörpers; siehe "Schürmann-Bau" in Bonn.
Viele von hohen Grundwasserständen Betroffene wiegen sich in der trügerischen Annahme, dass sie durch eine "Weiße Wanne" geschützt seien. Die Senatsumweltverwaltung hatte uns durch ihren
Staatssekretär am 13.07.2007 mitgeteilt, dass er jederzeit das Wasserwerk Johannisthal (WJ) stilllegen könne und dabei große Schäden an einer "unangepassten" Bebauung anrichten könne. Auch in der
Bewilligung zur Trinkwasserförderung am Standort des Wasserwerkes Wuhlheide vom 10.06.2014 lehnte der Senat eine Festlegung von Mindest- und Maximalfördermengen zur siedlungsverträglichen
Grundwasserstandssteuerung ab. Bei Stilllegung des WJ steigen die Grundwasserstände in dessen Einfluss- und Einzugsbereich in die Nähe der Grundstücksoberflächen. Wieviele und welche Bauwerke
sind dagegen statisch dimensioniert?
Daher ist die Aussage "ich bin nicht betroffen" ohne Wissen um die Statik des betreffenden Hauses leichtfertig.
Darum: Um heute eine konkrete Aussage zur Betroffenheit bei jederzeit möglichen Grundwasserständen um die Grundstücksoberflächen machen zu können, müssen ca. 4.000 Gebäude in Bezug auf ihre
Statik geprüft werden!
Die Behörde zwang die Bauherren sogar, ihre Keller tief ins Erdreich einzubauen und strich in den zur Baugenehmigung gehörenden Besonderen Bedingungen den Passus "Erkundigen nach den
Höchstgrundwasserpegeln" als nicht erforderliche Nebenbestimmung.
Im Februar 2016 stellte die Senatsumweltverwaltung vier Gutachten vor, die sich beispielhaft mit der baulichen Sanierung von vier Einfamilienhäusern im Buckower-Rudower Blumenviertel befassen.
Die jeweiligen Sanierungsmaßnahmen müssen sich nach dem höchsten zu erwartenden Grundwasserstand (zeHGW) richten. Der zeHGW tritt ein, wenn keine künstlichen Grundwasserabsenkungen vorgenommen
werden. Da die Senatsumweltverwaltung das ihr gesetzlich mit Paragraf 37 a Berliner Wassergesetz eröffnete und übertragene Berlin-weite Grundwassermanagement mit siedlungsverträglicher
Grundwasserstandssteuerung ignoriert und negiert, sind äußerst teure (sechsstelliger Euro-Bereich) und technisch sehr anspruchsvolle Sanierungsmaßen für alle (!) Gebäude in unserem Viertel
erforderlich.
Denn: Der Senat weigert sich, die Erlaubnis für den Betrieb der Heberbrunnenanlage im Glockenblumenweg über den 31.12.2017 zu verlängern und das Wasserwerk Johannisthal mit ausreichender
Förderleistung zu einem festzulegenden Termin wieder in Betrieb zu nehmen.
Folge: Anstieg des Grundwassers bis zum zeHGW! Das Buckower-Rudower Blumenviertel wird wieder zum Sumpf- und Überschwemmungsgebiet, das es im 19. Jahrhundert, vor
seiner Besiedlung, ursprünglich war.
Lesen Sie auch unsere Ausarbeitung:
Gefährdung der baulichen Nutzung durch siedlungsunverträglich hoch anstehendes GW
Gefahr für / durch im Erdreich verlegte Öltanks
In dem von der Senatsumweltverwaltung in Auftrag gegebenen, im Januar 1995 veröffentlichten "Hydrogeologisches Gutachten zu den Möglichkeiten der Steuerung der Grundwasserentnahme in Berlin" schreiben die Gutachter:
"Eine zusätzliche Gefährdung für das WW Johannisthal könnte bei weiter steigenden Grundwasserständen aus havarierenden Heizöltanks im Rudower "Blumenviertel" erwachsen. Nach Auskunft der
Betroffenen verfügen ca. 90 % der Häuser in diesem Gebiet über eine Ölheizung, die mit Heizöl EL befeuert wird. Die Bevorratung erfolgt i. allg. in Kunststofftanks, die sich im Keller des
Gebäudes befinden. Es ist aber auch üblich, erdverlegte Tankanlagen zu errichten, um den Keller für anderweitige Nutzungen freizuhalten. Ca. 20 % der Heizöltankanlagen sind als erdverlegte
Tankanlagen ausgeführt. Werden die Tanks leergefahren besteht die ernsthafte Gefahr, daß Tanks, die sich bereits im Grundwasser befinden, aufschwimmen und es durch Heizölverluste zu
Grundwasserverunreinigungen kommt. Dafür können u. U. kleine Verschiebungen ausreichen, in deren Folge Dichtungen an den Verbindungs- und Füllleitungen ihre Funktionen nicht mehr erfüllen."
1 Liter Öl kann 1000 Liter Grundwasser verseuchen!
Heilen statt Zerstören!